Die BAB 10, der Berliner Ring, überquert in der Nähe der Anschlußstelle Erkner zweimal das Flüßchen Löcknitz Das Autobahnbauwerk über die Alte Löcknitz (jetzt das Bauwerk 21 der A 10) wurde und wird an ihren vier Eckpunkten jeweils von einem überdimensionalen Frosch aus Kalkstein verziert. Jeder Frosch ist ungefähr einen Meter groß und wiegt ca. 1,5 Tonnen.

Im Zuge des Verkehrsprojekts Deutsche Einheit Nr. 11 (es beinhaltet den sechs-streifigen Ausbau der A2 von Hannover zum Berliner Ring und dessen Süd- und Osttangente) mußte auch diese Brücke neu gebaut werden.
Alle Beteiligten waren sich einig, daß die Frösche auch an der neuen Brücke wieder ihren Platz haben müssen. Vorher mußten sie sich einer Verjüngungskur unterziehen. In ihrem sechzigjährigen Leben hat sich einiges an Bewuchs und Ablagerungen auf ihnen niedergelassen. In jüngerer Zeit haben sich dann Schmierfinken und sogar ein „Waidmann“ an den Fröschen versucht. Vor dem Abriß der Brücke wurden die Frösche demontiert.

Nach einem Zwischenstop in der Autobahnmeisterei Erkner wurden sie vom Steinmetzmeister Horst Reigber aus Erkner restauriert und für ihr weiteres Leben an der Autobahn fit gemacht. Sie wurden imprägniert, um gegen schädliche Umwelteinflüsse gewappnet zu sein, und mit einem Graffittischutz versehen.
Die Frösche wurden nach Fertigstellung der Brücke unter reger Anteilnahme der lokalen Medien wieder an ihren angestammten Platz gebracht.
Ein Rätsel hatten uns die Frösche zum Anfang aufgegeben, die Frage nach ihrem Schöpfer. Nach Auskunft des Steinmetzmeisters Reigber werden solche Werke normalerweise mit einer Signatur des Künstlers versehen. Bei unseren Fröschen fehlt diese. Im Zuge der Restaurierung der Frösche wollten wir deren Herkunft klären. Leider waren unsere Bemühungen zuerst nicht von Erfolg gekrönt. Die Nachfrage bei den Handwerkerinnungen hatte keinen Erfolg.

Weitere Recherchen ergaben, daß die „PREUSSAG“ in jener Zeit die Kalksteintagebaue im Nachbarort Rüdersdorf betrieben hat. Dazu gehörte auch ein Betrieb zur Herstellung von Werksteinen. Dokumentiert ist auch, daß dieser Werksteinbetrieb Verblender unter anderem auch für diese Brücke geliefert hat. Da die Frösche in die damaligen Pläne eingezeichnet sind vermuteten wir, daß sie ebenfalls aus den Werksteinbetrieb der „PREUSSAG“ stammen.
Anfang des Jahres 2002 fanden wir in einer anderen Brückenakte vier Fotos von den Fröschen mit dem Vermerk Bildhauer Julius Starcke.




Die Recherche in den Gelben Seiten brachte uns einen Bildhauer Hans Starcke. Ein Anruf genügte, um herauszubekommen, daß unsere Frösche von seinem Großvater Julius Starcke aus Berlin-Gatow geschaffen wurden. Hans Starcke brachte uns dann in Kontakt mit seinem Vater Dietrich Starcke. Von ihm erfuhren wir vom Leben und Schaffen des Bildhauers Julius Starcke. Er stellte uns Bildmaterial über seine Familie und über die Frösche zur Verfügung. Aus dem Leben des Bildhauers Julius Starcke:
- Geboren 1895 in Stabeshöhe/Uckermark. Gymnasium in Prenzlau.
- Von 1910 bis 1913 Lehre in der Architektur- und Bildhauerei Schirmer in Berlin. Anschließend Besuch der Kunstgewerbeschule in Berlin.
- Von 1914 bis 1919 Soldat in Frankreich, Polen, Rußland und dem Balkan
- Ab 1919 wieder Kunstgewerbeschule in Berlin.
- Hauptsächlich Tierstudien im Zoo. Viele 1. Und 2. Preise bei Wettbewerben.
- 1920 bis 1923 Studium an der Kunstakademie München. Ab 1923 Studium an der Kunsthochschule in Berlin.
- 1923 Arbeiten am Denkmal Friedrich des Großen in Berlin nach starken Beschädigungen während der Revolution von 1918.

- 1926 Arbeiten bei der Wiederherstellung der Quadriga am Brandenburger Tor. In dieser Zeit Herstellung von Tierplastiken am Ischtar-Tor im Pergamonmuseum sowie am Märkischen Museum. Verkauf vieler Tierplastiken an Staat und Privat und Herstellung von Brunnen für Schule.
- 1925 Heirat; später drei Kinder.
- 1936 der Auftrag von der OBR Berlin (Oberste Bauleitung Reichsautobahn Berlin) für die vier Frösche an der Autobahnbrücke über die Löcknitz. Danach Aufträge für die Reichsbank Baudirektion in Berlin und in Augersburg / Ostpreußen.
- Von 1940 bis 1945 Leiter der Metallklasse an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin.
- Ab 1943 Soldat. Ende März 1945 bei Rettungsarbeiten nach einem Luftangriff tödlich verunglückt.
Sein Sohn Dietrich Starcke (geb. 1929) ist seit 1950 als freier Bildhauer in Berlin tätig. Arbeiten am Reichstag, am Charlottenburger Schloß, für den Preußischen Kulturbesitz, im Ägyptischen Museum am Tempel des Sahu-Re und Neuser-Re. Außerdem führte er zahlreiche Aufträge für die Gartendenkmalpflege in Berlin aus.
Sein Enkel Hans Starcke (geb. 1957 Sohn des Dietrich Starcke) ist seit 1980 freiberuflicher Bildhauer. Er führte unter anderem Aufträge der Gartendenkmalpflege und des Ägyptischen Museums in Berlin aus. Im Volkspark Mariendorf schuf er vier Kinderplastiken mit Tieren. An der Wiederherstellung beschädigter Denkmäler im gesamten Stadtgebiet war er beteiligt. Er schuf weitere große Plastiken aus Stein.

Damit das Rätsel um die Frösche nun endgültig für alle Interessierten und Beteiligten gelöst werden konnte, luden wir den Sohn des Bildhauers und die lokalen Medien, Märkische Oderzeitung und OSKAR-TV zu uns in die Autobahnmeisterei ein.
Dietrich Starcke berichtete dann über die Entstehung der Frösche. Um die Frösche originalgetreu modellieren zu können, fing Julius Starcke Frösche als Modell. Seine Kinder mußten dann regelmäßig die Frösche wieder im Atelier einfangen, weil wohl Modell stehen (oder sitzen) in einem trockenen und staubigen Atelier nicht so der ideale Froschjob ist.
Wir konnten auch die Feststellung eines Grünheider Schulleiters widerlegen, der behauptet hat, daß die Frösche von einem begabten Bauingenieur aus Betonresten des damaligen Autobahnbaus geschaffen wurden. Die Frösche wurden aus Auer Kalkstein geschaffen.

Das Rätsel um den Künstler, der unsere Frösche geschaffen hat, haben wir gelöst. Aber warum hat die OBR (Oberste Bauleitung Reichsautobahn) Berlin gerade für diese und nur für diese Brücke einen solchen Auftrag erteilt? Die Brücken über die Löcknitz und über die Spree bei Freienbrink, die nur wenige Kilometer entfernt sind, hätten sich eigentlich auch für eine so schöne Verzierung geeignet.
Text: Reinhard Arndt, Erkner Abbildungen: Sammlung Arndt

